Neue Liebe nach dem Tod
Verliert man Partnerin oder Partner, will man an eine neue Liebe nach dem Tod gar nicht denken. Hinterbliebene können und wollen daran nicht denken, jemals sich wieder in einen anderen Menschen verlieben zu können. Verlust, Trauer und Einsamkeit überragen alles. Man muss sich wieder im Leben einfinden, den Alltag neu gestalten lernen, emotionalen Abstand schaffen. Wieder lernen, sich Freude und Glück zu gestehen. Aber da kommt dann das schlechte Gewissen zum Vorschein. Wie kann man wieder das Leben aufnehmen, mit allem, was dazu gehört? An eine neue Liebe nach dem Tod ist einfach nicht zu denken. Oder?
Die Angst, sich nach dem Tod neu zu binden
Ist die geliebte Partnerin oder der geliebte Partner gestorben, reißt das ein riesiges Loch ins Herz. Oft von einem Moment auf den anderen. War man sich eben noch sicher, den Rest des Lebens miteinander zu verbringen, ist auf einmal alles anders.
Es sind nur noch die Erinnerungen und das die Liebe zum verstorbenen Menschen, die man als Hinterbliebener einfach nur konservieren will. Wir, die wir einen Menschen verloren haben, wollten dieses „Trennung“ nicht. Wir wurden einfach nicht gefragt, ob wir bereit sind, das Wertvollste in unserem Leben gehen zu lassen. Wir wollen nicht loslassen!
An eine neue Liebe nach dem Tod zu denken, macht den Abschied noch schlimmer. Es fühlt sich an, den anderen zu betrügen. Die alte Liebe gegen eine neue einzutauschen.
Aber wissen Sie was:
Sich neu zu verlieben heißt nicht, die alte Liebe aufzugeben. Ihr Herz ist groß genug, um an zwei Menschen Liebe zu verschenken. Sie müssen nicht aufgeben, an dem Sie hängen!
Bin ich bereit, mich wieder zu verlieben?
Ich verrate Ihnen was. Nach dem Verlust meines Mannes, krempelte ich mein Leben um und wanderte aus. Es hielt mich ja nichts mehr. Ich wollte von allem Abstand und den schaffte ich durch die Auswanderung. Dachte ich. Es kam alles anders, als gedacht und ohne es zu wollen, verliebte ich mich kurz darauf.
Wahrscheinlich spielt es keine Rolle, zu welchem Zeitpunkt man eine neue Liebe nach dem Tod erlebt. In dem Augenblick, in dem man merkt, es gibt da einen anderen Menschen, der das eigene Herz sehr tief berührt, spürt man Angst und aufkommende Panik. Gefühlschaos. Man ist einfach machtlos. Das Herz lässt sich nicht steuern und wenn es passiert, dann ist das so. Und das ist so völlig in Ordnung.
Eine ganze Reihe an Gefühlen brechen über einen herein und unzählige Fragen schwirren in Herz und Kopf umher.
- Darf ich mich überhaupt verlieben?
- Kann ich überhaupt noch lieben?
- Habe ich bereits losgelassen?
- Ist das Verrat an meinem verstorbenen Partner?
- Werde ich Vergleiche ziehen?
- Steht die neue Liebe im Schatten der alten?
Alles, was bis dahin an Trauerarbeit und Trauerbewältigung stattgefunden hat, scheint hinfällig zu sein. Jetzt beginnt womöglich erst der eigentliche Schritt zurück ins Leben. Denn jetzt muss man in sich hinein hören und fühlen. Ist man wirklich bereit für ein neues Leben? Ist man bereit für eine neue Liebe nach dem Tod des Partners? Sicherlich muss jeder Hinterbliebene diese wichtigen Fragen für sich selbst beantworten und eigene Lösungen finden.
Neu verliebt – das Bewusstsein kehrt zurück
Als ich mich nach dem Tod meines Mannes neu verliebte, brach damit das Meer der Tränen über mich herein. Vorher weinte ich kaum. Um mich herum hatte ich eine Gefühls-Komfortzone installiert, mich mit dem Schicksal arrangiert, indem ich
- meinen verstorbenen Mann idealisierte.
- in Erinnerungen an die schönen Zeiten schwelgte.
- die Erinnerungen an schlechte Zeiten verdrängte.
Ich beschloss, mich nie mehr zu binden – alles schien geklärt. Trauerprozess abgeschlossen. Auf in ein neues Leben, alleine neu aufbauen.
Doch mit dem Verlieben brach dieses Konstrukt mit einem Mal zusammen. Die Fragen, von denen ich glaubte, sie für mich final beantwortet zu haben, forderten erneut Antworten. Antworten, die ich längst schon erarbeitet hatte – theoretisch. Nun war praktische Umsetzung gefragt, doch nichts wollte funktionieren. Statt Glück zu empfinden, gemeinsam mit einem wundervollen Menschen Schmetterlinge zu spüren, erlebte ich Unglück, das der Trauer überwog.
Ein Prozess der Auseinandersetzung
Warum weinte ich? Warum lehnte ich es kategorisch ab, mich auf die Beziehung mit einem wundervollen Menschen einzulassen? Mir fielen viele Begründungen ein.
- Dass mein Leben eine Baustelle ist.
- Dass ich noch nicht so weit sei.
- Dass … was auch immer.
Alles berechtigte Gedanken. Doch dürfen sie Hemmnisse sein? Es waren die Fragen, die es abermals zu beantworten galt. Doch auf diese Fragen brauche ich heute keine Antworten mehr. Die Tatsache, dass ich mich in einen Mann verliebt habe, IST die Antwort. Auf alles. Und ein Ausdruck meiner Sehnsucht nach einem Menschen, den ich lieben darf und von dem ich Liebe spüren darf.
Heute sehen meine Antworten anders aus. Sie sind keine Theorie mehr und auch nicht mehr Ergebnisse aus Denkprozessen. Die Tatsache, dass ich mich verliebt habe, meine Sehnsucht nach dem „neuen“ Mann größer ist, als diese Fragen:
- Darf ich mich überhaupt verlieben?
- Kann ich überhaupt noch lieben?
Sich zu verlieben ist nichts Verwerfliches – auch nicht nach dem Tod des Partners.
Mit der neuen Liebe nach dem Tod kommen innere Konflikte
- Habe ich bereits losgelassen?
- Ist das Verrat an meinem verstorbenen Partner?
- Werde ich Vergleiche ziehen?
- Steht die neue Liebe im Schatten der alten?